Es macht nichts, wenn Sie zweimal hinschauen müssen, um zu sehen, was Sie hier sehen. Denn dies ist ein Auto, von dem maximal sieben Stück gebaut wurden: der Siata 1250 GT Zagato. Gebaut 1955 für die Mille Miglia 1956, an der er höchstwahrscheinlich teilnahm. Diese Mille Miglia mag für viele Oldtimer-Liebhaber wie ein rotes Tuch für einen Stier wirken, aber wir tauchen ein in die weitere Geschichte dieses wirklich erstaunlichen 1250 GT. Zagato war in den 50er Jahren sehr aktiv im Bau von Autos, die hauptsächlich für den Motorsport bestimmt waren. Nicht zuletzt, weil Elio Zagato, der Sohn des Firmengründers Ugo, selbst recht erfolgreich im Rennsport war. Die technische Basis des 1250 GT Zagato ist der Fiat 1100 TV, 'tipo 103'. Mit dieser sportlichen Variante des kompakten 1100, dem 'GTI seiner Zeit', trifft Fiat den Nagel auf den sehr sportlichen Kopf. Schon serienmäßig laufruhig, aber viele Firmen wissen, wie man ihn noch ein bisschen schneller macht. Die SocietàItaliana Applicazioni Technice Automobilistiche (S.A.), kurz Siata, zum Beispiel. Dabei handelt es sich eigentlich um einen Rennwagen. Das allein erklärt schon den Ausflug zu Zagato in Mailand, wo fantastisch stromlinienförmige Aluminiumkarosserien in sehr kleinen Stückzahlen, in diesem Fall auf 1100 TV-Basis, gebaut werden. Kleine Stückzahlen... Wovon reden wir also? Da haben wir es wieder: Nach guter italienischer Art wissen wir es nicht genau. Wenn wir die Startliste der Mille Miglia 1956 hinzufügen, sehen wir sechs Siata's 1250 in der Turismo e Gran Turismo Klasse von 1.100 bis 1.300 ccm.Der 1250 GT Zagato auf dieser Seite ist das Auto mit der (Fiat) Fahrgestellnummer 198498. Das Auto kommt mit zwei dicken dunkelblauen Ordnern, die die Geschichte des Autos in beträchtlichem Detail zu belegen. Aus den Ordnern geht unter anderem hervor, dass der Wagen am 18. Januar 1956 an seinen ersten Besitzer, einen gewissen Angelo Zuffini, ausgeliefert wurde. Ein Name fällt sofort ins Auge, wenn man sich die nachfolgenden Besitzer ansieht: Claudio Maglioli. Dabei handelt es sich um den Sohn von Umberto Maglioli, einem ernsthaften Rennfahrer, der sogar zehn Grands Prix in der Formel 1 gefahren ist. Sportwagenblut kriecht dahin, wo es nicht hinkommt, und Claudio, geboren 1940, genoss in etwas späterem Alter einen Ruf als Werksfahrer für Lancia, vor allem aber als Präparator von Renn- und Rallyefahrzeugen. Die Zulassungen der Siata zeigen auch, dass das Auto lange Zeit in Sizilien verbracht hat. Die Siata sieht wirklich schön aus. Nicht in perfektem Concours-Zustand, aber einfach 'schön gealtert'. Im Laufe der Zeit wurde wenig an dem Auto verändert. Wenn man so um den Siata herumgeht und ins Innere schaut, ist er in allem ein Auto aus der Mitte der fünfziger Jahre, und unter der Motorhaube wird dieses Bild nur noch verstärkt. Hier gibt es im Grunde einen Fiat-Motor, aber mit dem roten Schriftzug "Siata" auf dem Ventildeckel und daneben ein schönes Werk von Edoardo Weber, ein echter Doppelvergaser ohne Luftfilter. Wie rassig wollen Sie es haben? Natürlich ist dies nicht irgendein 1100er Motorblock, er wurde auf 1.294 cm³ aufgestockt, um nicht unter die 1.300er-Grenze zu kommen, die im Zusammenhang mit der Klasseneinteilung im Motorsport steht. Der Innenraum ist ebenso ein Fest. Die beiden sehr authentischen Schalensitze stechen natürlich hervor. Das Armaturenbrett sieht verdächtig nach dem eines Maserati A6G 54 Zagato aus, nur kleiner und vor allem schmaler. Die vier großen, runden Uhren sind vom Zahn der Zeit leicht vergilbt. Höchste Zeit zum Fahren. Der Klang und die ganze Atmosphäre im Inneren des Wagens sind fantastisch. Der kleine, nicht wirklich verstellbare Sitz gibt ziemlich viel Seitenhalt. Das große Lenkrad, das zur Abwechslung ein stolzes Fiat-Logo in seinem Herzen trägt, ist sehr leicht, aber auch sehr gut zu bedienen. Der Siata ist überhaupt nicht langsam, zumindest fühlt es sich nicht so an, denn durch die Aluminiumkarosserie wiegt das Auto nur 800 kg. Die Motorleistung dürfte bei 80 PS liegen. Auch das Schalten ist ein Genuss, schön präzise. Dabei klingt der Siata sehr charaktervoll, wie man es von einem aufgeladenen, etwas altmodischen Motor mit einem praktisch offenen Auspuff erwartet.... 'Prèèèp!' Lange Strecken lassen sich mit dem achtzig(!) Liter fassenden Tank im Fond problemlos bewältigen. Fahren Sie einfach eine ganze Etappe der Mille Miglia, ohne zwischendurch zu tanken. Zó verrückt ist dieser Gedanke nicht. Der Siata wird zweifelsohne in der MM zugelassen. Und zwar unabhängig davon, ob dieses Exemplar eines von ihnen war oder nicht, denn die Erfahrung zeigt, dass die Organisation einfach gerne etwas mehr Abwechslung im Starterfeld hat.